FAQs
1. Welche Entschädigungsansprüche nach dem Infektionsschutzgesetz gibt es?
Im Infektionsschutzgesetz (IfSG) regeln die §§ 56 ff. Entschädigungsansprüche oberflächlich.
Entschädigungsansprüche stehen nach dem Wortlaut lediglich von Anordnungen betroffenen sog. „Störern“ zu, also vor allem Trägern von Krankheitserregern, nicht aber außenstehenden Dritten wie Ihnen als Betriebsinhaber, von dem selbst keine Gesundheitsgefahr ausgeht.
Da eine weitergehende Regelung im IfSG fehlt, könnte nach Meinung vieler Juristen eine entsprechende (analoge) Anwendung auf sogenannte Zustandsstörer, Nichtstörer und auch auf juristische Personen in Frage kommen.
2. Wann müssen Entschädigungsansprüche nach dem Infektionsschutzgesetz beantragt werden?
Die Entschädigung muss innerhalb von drei Monaten ab dem Beginn der Maßnahme (also dem ersten Schließungstag!) beantragt werden. Dementsprechend dürfte die Frist für die meisten Betroffenen Mitte Juni 2020 enden!
3. Wie und wo können Entschädigungsansprüche nach dem Infektionsschutzgesetz beantragt werden?
Für viele Bundesländer ist der Zugang zu den Antragsformularen über eine gemeinsam errichtete Internetplattform möglich: www.ifsg-online.de . Über diese Seite kann bei den teilnehmenden Bundesländern durch Eingabe der Postleitzahl auch die zuständige Behörde nebst Adresse ermittelt werden.
Bei den dort nicht teilnehmenden Bundesländern muss die zuständige Behörde selbst ermittelt werden, als erster Ansprechpartner zu Klärung der zuständigen Behörde könnte hier das örtlich zuständige Gesundheitsamt dienen.
Vor der Stellung von Antragen empfiehlt es sich in jedem Fall, sich von der Behörde, bei der der Antrag letztlich gestellt werden soll, deren Zuständigkeit bestätigen zu lassen.
4. Gibt es noch andere Grundlagen für die Geltendmachung von Ansprüchen?
Da derzeit nicht absehbar ist, ob eine allein auf Vorschriften aus dem IfSG gestützte Entschädigung durchgreifend ist, empfehlen wir, parallel weitere mögliche Anspruchsgrundlagen geltend zu machen.
Ergänzend zum IfSG kann z.B. auf die allgemeinen polizei- und ordnungsrechtlichen Vorschriften zurückgegriffen werden. Diese landesrechtlichen Vorschriften enthalten i.d.R. Entschädigungsregelungen zugunsten von Nichtstörern. Wird ein Nichtstörer zur Abwehr einer Gefahr herangezogen, so ist ihm auf Antrag eine angemessene Entschädigung in Geld zu leisten. Es spricht vieles dafür, dass die in Rede stehenden Vorschriften anwendbar sind, soweit Nichtstörer Adressaten infektionsschutzbehördlicher Anordnungen sind. Bei einer wirtschaftlichen Existenzgefährdung kann dies ggf. auch dann gelten, wenn es an dem üblicherweise vorausgesetzten Sonderopfer fehlt.
Der Entschädigungsanspruch kann grundsätzlich unabhängig davon bestehen, ob sich der Betroffene durch Widerspruch, Anfechtungsklage oder Normenkontrollklage gegen die ihn belastende Maßnahme gewehrt hat. Sollte sich die Verbotsanordnung jedoch als rechtswidrig erweisen, würde der sog. Vorrang des Primärrechtschutzes gelten. Ein Gerichtsprozess wegen Entschädigung könnte dann also schon allein deshalb verloren gehen, weil sich der Betroffene nicht gegen das Verbot gewehrt hat. Aus diesem Grunde sollte vorsorglich auch die jeweilige Verbotsanordnung angefochten werden/worden sein ehe eine Entschädigung geltend gemacht wird.
Daneben könnte ein Schadensersatzanspruch aufgrund der Verletzung von Amtspflichten in Betracht kommen. Voraussetzung dieses Anspruchs ist jedoch ein Verschulden und damit ein vorsätzlich oder fahrlässig unrichtiges Verhalten der Behörde. Dieser Nachweis dürfte aufgrund der derzeitigen Gefahrenlage nur sehr schwer zu führen sein.
Unabhängig von den vorstehenden Ansprüchen kennt die Rechtsprechung einige ungeschriebene Entschädigungsansprüche. So z.B. Ansprüche aufgrund eines enteignenden oder enteignungsgleichen Eingriffs sowie den sog. allgemeinen Aufopferungsanspruch. Allen Ansprüchen ist gemeinsam, dass diese ein sog. „Sonderopfer“ voraussetzen, d.h. eine besondere, die Mehrzahl der Normunterworfenen nicht treffende Belastung. Inwieweit ein solches Sonderopfer im Fall einer gleichmäßigen Inanspruchnahme unterschiedlicher Betroffener (wie im Falle der Betriebsschließungen im Rahmen der Corona-Maßnahmen) durch die Rechtsprechung bejaht wird ist fraglich.
5. Wie sind die Erfolgsaussichten?
Die Rechtslage hinsichtlich des Bestehens von Entschädigungsansprüchen ist bisher noch ungeklärt. Die Erfolgsaussichten sind unsicher und können von uns derzeit noch nicht beurteilt werden. Aus Fristwahrungsgründen dürfte sich die Stellung von Entschädigungsanträgen empfehlen, auch wenn die Erfolgsaussichten ungewiss sind und es wahrscheinlich ist, dass eine klageweise Geltendmachung der Ansprüche erforderlich sein wird. Die Erfolgsaussichten einer entsprechenden Klage sind ebenfalls unsicher.
6. Wie wird die Entschädigung berechnet?
Gewährt wird eine angemessene Entschädigung in Geld. Eine Entschädigung ist juristisch nicht mit einem Schadensersatz zu vergleichen, d.h. die Entschädigung kann, muss aber nicht, geringer sein als der geltend zu machende Schadensersatzbetrag. Bei einer Entschädigung geht es um die Beseitigung der durch die Störung eingetretenen Vermögenseinbuße im Einzelfall. Wir können deshalb keine genaue Prognose hinsichtlich der Höhe der Entschädigung in Ihrem Einzelfall stellen.
7. Wie ist das Verhältnis zu den diversen staatlichen Sofortprogrammen?
Anderweitig bezogene staatliche Leistungen, z. B. aus den Sofortprogrammen von Bund und Ländern, sind ggf. auf die Entschädigung anzurechnen. Dies jedoch nur dann, wenn sie endgültig im Vermögen des Betroffenen verbleiben, was z. B. bei Krediten nicht der Fall ist.
8. Wie werden die Ansprüche geltend gemacht und wie können wir Sie unterstützen?
Primär ist aufgrund der bald endenden Frist der Entschädigungsanspruch nach dem IfSG zunächst bei der jeweils zuständigen Behörde geltend zu machen (s.o. 3.).
Wir empfehlen, den Antrag gemeinsam mit Ihrem Steuerberater auszufüllen, da es hauptsächlich um den finanziellen Ertrag Ihres Unternehmens in der Vergangenheit und während der Anordnung der Betriebsschließung geht. Bitte machen Sie hierbei möglichst genaue und vor allem wahrheitsgemäße Angaben! Bitte senden Sie zur Vermeidung von zeitlichen Verzögerungen den ordnungsgemäß ausgefüllten Antrag zunächst direkt an die zuständige Behörde.
Wenn Sie uns beauftragen, stehen wir für Rückfragen von Ihnen oder Ihrem Steuerberater zur Verfügung.
Mit Beauftragung übersenden wir Ihnen weitere Unterlagen, mit welchen wir u.a. weitere Informationen von Ihnen abfragen (den entsprechenden Fragebogen finden Sie hier). Nach Erhalt dieser Informationen sowie der weiteren Unterlagen (Vollmacht, unterzeichnete Mandatsbedingungen etc.) und vor allem einer vollständigen Kopie Ihrer Antragsunterlagen nach dem IfSG übersenden wir für Sie ein ergänzendes Schreiben zu Ihrem Antrag, mit welchem Ihrem Antrag durch rechtliche Ausführungen Nachdruck und somit wohl mehr Gewicht im Vergleich zu Anträgen ohne gesonderte Begründung verliehen wird.
Diese Tätigkeit bieten wir unabhängig vom Gegenstandswert für einen Pauschalbetrag in Höhe von 250,- € zzgl. MwSt. pro Betriebsstätte an.
Bei Interesse kontaktieren Sie uns bitte.
9. Wie geht es nach der behördlichen Entscheidung weiter?
Aufgrund sich in diesem Bereich derzeit täglich ändernder Rechtsprechung ist uns eine Prognose über die Entscheidung der Behörde nicht möglich. Folgt die zuständige Behörde Ihrem Antrag wird eine Entschädigung an Sie ausbezahlt. Folgt die Behörde diesem nicht, was angesichts der unsicheren Rechtslage wahrscheinlicher ist, sind weitere Schritte, je nach landesrechtlicher Regelung ein Vorverfahren oder eine Klage ggf. Vor dem Landgericht notwendig.
Eine ablehnende Entscheidung kann sodann zur Grundlage einer Anfrage zur Kostenübernahme bei Ihrer betrieblichen Rechtsschutzversicherung gemacht werden.
Das gerichtliche Verfahren kann mehrere Jahre dauern, weil ggf. der Instanzenzug durchlaufen werden muss. Auch diese Schritte übernehmen wir nach Beauftragung gerne für Sie um Sie dem Ziel einer angemessenen Entschädigung durch die angeordneten Betriebsschließungen ein Stück näher zu bringen.
10. Ist dieser Fragenkatalog abschließend?
Selbstverständlich nicht. Ein solcher Fragenkatalog kann eine individuelle Prüfung nicht ersetzen, da jeder Fall für sich gesehen werden muss und keine pauschalierte Auskunft erteilt werden kann.